Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen erfordert organisatorische Ambidextrie. Das bedeutet, dass Unternehmen sowohl ihre bestehenden Prozesse optimieren als auch neue, innovative Ansätze entwickeln müssen – und zwar gleichzeitig (Ambidextrie = lat. "Beidhändigkeit").
KI bietet enormes Potenzial zur Effizienzsteigerung (Exploitation). Sie hilft, Abläufe zu automatisieren, Fehler zu reduzieren und Entscheidungen schneller zu treffen. Doch um langfristig erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen KI nicht nur für die Optimierung einsetzen, sondern auch neue Geschäftsmodelle und Innovationen entwickeln (Exploration).
Mit einer ambidextren Führung gelingt dieser Spagat: Sie müssen sowohl den laufenden Betrieb durch KI verbessern als auch Raum für innovative KI-Lösungen schaffen, die das Unternehmen in die Zukunft führen. Dabei ist sicherlich die größte Hürde, dass Organisationen historisch bedingt auf die Exploitation optimiert sind und die unternehmerische Kompetenz der Exploration erst wieder gelernt werden muss/darf.
Bild: Ambidextrie im Spannungsverhältnis Exploration und Exploitation.
Ambidextre Führung heißt, dass geeignete Voraussetzungen für organisatorische Ambidextrie geschaffen werden. Dabei wird mit der struktureller Ambidextrie auf Ebene der Organisation angesetzt und eigene Teams für die Entwicklung neuer Geschäftsfelder etabliert.. Dagegen bedeutet kontextuelle Ambidextrie, dass man auf Ebene der Mitarbeiter ansetzt, diesen Freiräume verschafft und Kompetenzen vermittelt, damit Erneuerung flächendeckend im Unternehmen stattfindet.
Strukturelle Ambidextrie
Der große Vorteil der strukturellen Ambidextrie ist, dass sie mit klarer Verantwortung in der Organisation verankert ist. Dazu zwei mögliche Ansätze:
In einer Matrix-Organisation werden strategische Vorhaben von einem Netzwerk von Freiwilligen vorangetrieben, während die formale Hierarchie sich weiter um den Betrieb und die Optimierung des Kerngeschäfts kümmert. Das heißt, das Netzwerk von Freiwilligen fokussiert sich auf die Exploration, während die formale Hierarchie die Exploitation vorantreibt.
Die Gründung eines Digital Labs ist ein geeignetes Vorgehen, um digitale Innovationen systematisch voranzutreiben. Für Disziplinen wie digitale Produkte und Geschäftsmodelle hat das sicher auch seine Berechtigung, schließlich sind hier hohe digitale Kompetenzen gefordert.
Welcher Ansatz für die strukturelle Ambidextrie auch immer gewählt wird, die Achillesferse dieser strukturellen Ansätze ist immer, dass eine gute Vernetzung mit der Kernorganisation notwendig ist, damit nicht eine Zweiklassengesellschaft entsteht: Die kreativen Innovateure in der einen Einheit, die langweiligen Verwalter im Rest der Organisation.
Kontextuelle Ambidextrie
Kontextuelle Ambidextrie setzt auf Ebene der Mitarbeiter an. Dabei geht man davon aus, dass in jedem Mitarbeiter ein kreativer Erneuerer steckt. Damit kontextuelle Ambidextrie gelingt, braucht es ein paar wichtige Voraussetzungen und Regelwerke.
Zeit: Die Mitarbeitenden müssen Zeit haben. Die 80/20 Regel ist ein Beispiel für die Umsetzung kontextueller Ambidextrie. Dabei sind Mitarbeiter eingeladen, 20% ihrer Zeit zu nutzen, um an neuen Ideen zu arbeiten. Ein anderes Beispiel dafür sind die Ship-It Tage: Eine Idee, ein Team, 24 Stunden Zeit, um etwas Vorzeigbares abzuliefern.
Kompetenzen: Mitarbeiter brauchen Kompetenzen und Unterstützung, um Erneuerungen systematisch voranzutreiben. Dazu kann man z.B. auf Schulungen im Design Thinking oder interne Hackathons setzen, um kreativen Freiraum zu schaffen, kundenzentriertes Arbeiten zu praktizieren und aussichtsreichen Vorhaben Sichtbarkeit zu geben.
Eine große Gefahr der kontextuellen Ambidextrie ist, dass Mitarbeiter nicht die notwendige Zeit finden, um konsequent an neuen Vorhaben zu arbeiten. Zudem besteht die Gefahr, einen Wildwuchs an Vorhaben aufzubauen.
Organisatorische Ambidextrie ist eine wichtige Kompetenz für das Management einer digitalen Transformation.
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